Donnerstag, 23. Juni 2011

Spanisches Wirtschaftswachstum ade. Ein Beispiel aus der Vergangenheit.

Spanischen Immobilienpreise hatten schon im letzten Drittel der 90er Jahre enorme Wertsteigerungsraten aufgrund einer Spekulationsstrategie, die unvorstellbar aber real war. 

Die jährlichen Wertzuwächse lagen teils im zweistelligen Prozentbereich. Wohnungen, die bei der Erstellung 1980 4 Millionen Peseten (heute 24.000 Euro) kosteten, hatten plötzlich einen Wert von 1.200.000 Euro (z. B. c/ Zamora in Salamanca). 

Die Spekulation ging so weit, dass man Immobiliengeschäfte als „Sport“ betrieb. Man kaufte die Option auf eine Wohnung in Bau z.B. im Wert von 230.000 Euro mit einem Kapital von 10.000 Euro (arras penitenciales *) mit dem Recht, die Wohnung grundbuchmäßig auch auf eine andere Person eintragen zu können.. Nach zwei Jahren war die Wohnung beziehbar und musste entweder gekauft oder weiterverkauft sein. Mittlerweile war der Wert um 30% gestiegen. 

In der Zwischenzeit hat man sich einen Endkäufer gesucht, der die Wohnung für 230.000 Euro grundbuchmäßig erwirbt. Er zahlt jedoch (vielfach schwarz)  69.000 Euro Wertzuwachs plus 10.000 Euro aus der Anzahlung an den Optionsbesitzer. 

Was die Beleihung der Kaufobjekte angeht, wurde in Spanien immer gewaltig über 100% finanziert, weil man die zu erwartenden Wertsteigerungen der folgenden Jahre einrechnete. 

Am o.a. Beispiel wäre eine Finanzierung folgendermaßen abgelaufen. 

Wert der Wohnung:                                                 
309.000 Euro
Verwaltungskosten/Steuern:                                      
30.900
Möbel:                                                                     
15.000
Geländewagen :                                                        
 45.000
Kreuzfahrt:                                                               
10.000
Flachbildfernseher etc.:                                               
 3.000 
Gesamtfinanzierungskosten:                                    
402.000 Euro 

Meist wurde eine Risikoanalyse seitens der Bank nicht vorgenommen.

Bezüglich der Ankurbelung der spanischen Wirtschaft kann man den Bausektor heute ganz vergessen. Die Anzahl der leer stehenden Wohnungen liegt bei über 1 Million Einheiten. Monatlich kommen tausende von Einheiten aus Zwangsvollstreckungen hinzu. Der Markt ist mehr als gesättigt. An vielen Wohnobjekten, die noch nicht fertig gestellt sind,  stagnieren die Arbeiten. 

Die Banken, die nunmehr auch Immobilienunternehmer sind, haben noch keine Wertberichtigungen für ihren Wohnungsbestand vorgenommen. Anzunehmen ist,  dass auf die finanzierten Summen ein Abschlag von mehr als 50 % vorzunehmen ist. 

Hauskäufer, die ihre Hypotheken nicht mehr bedienen können, sind nach spanischem Recht gezwungen, neben den Vollstreckungskosten, die Schulden, die über dem Versteigerungswert liegen, zu 100% zu übernehmen. 

Es gibt heute tausende von Familien, die ein Leben lang für eine Wohnung bezahlen müssen, die ihnen nicht mehr gehört. 

Spanien hat sträflich versäumt,  sich neben dem Tourismus und der Landwirtschaft andere Standbeine zu erschließen. Eine Neustrukturierung der Wirtschaft benötigt bei sehr guter Konjunkturlage ca. 10 Jahre.   

Somit bleibt dem Land nichts weiter übrig, als sich  einem Schrumpfungsprozeß zu unterziehen und der Realität ins Auge zu schauen. Man kann eben nicht über Jahrzehnte auf Pump leben.

Wenn man eine Schuldzuweisung vornehmen will, suche man bei den Politikern der letzten 35 Jahre, den Banken und bei der Europäischen Union.




  • arras penitenciales:

1)    Der Käufer verpflichtet sich zu einem vertraglich bestimmten Termin, die Wohnung nach spanischem Grundbuchrecht zu kaufen. Tritt er zurück, verliert er das Kapital.

2)    Der Verkäufer verpflichtet sich vertraglich, dem Käufer das Objekt zum Festpreis zu verkaufen. Tritt er zurück, muss er den Käufer mit der zweifachen Summe der Anzahlung entschädigen.

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