Donnerstag, 16. Juni 2011

Zeit kaufen oder auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Am Dienstag, den 14. Juni,  hat Spanien auf dem Kapitalmarkt wieder Geld eingesammelt. 5 Milliarden Euro sind in die Staatskasse geflossen. Oder sind sie versickert?

"Auf dem Markt wurde das mit Erleichterung aufgenommen,..." berichtet die FAZ. Und schon sieht man in unserer kurzlebigen Zeit einen Hoffnungsschimmer am Horizont aufleuchten.
Heute, am 16 Juni, sind die Zinsen für spanische Staatspapiere schon wieder bedenklich gestiegen. Die Kreditausfallversicherung erreichte ebenfalls wieder ein Hoch. 

Die Unruhen in Griechenland, aber auch die teils gewalttätigen Manifestationen in der spanischen Autonomen Region Katalonien zeigen, dass die Realitätswahrnehmung von Regierungen und Bevölkerung sehr unterschiedlich ist. Während die Politiker makroökonomisch, abstrakt denken, fühlt die Bevölkerung den Pulsschlag der Wirtschaft direkt, besonders, wenn es um Existenzfragen geht. 

Dieses scherenartige Auseinanderklappen von Abstraktion und Realität ist der Nährboden, auf dem in Kürze massive Kämpfe ausgetragen werden. Es geht dann nicht mehr um einen größeren politischen Konsens in der Behandlung der Finanzkrise, sondern um das Überleben politischer Strukturen an sich.

Und wieder einmal ist festzustellen, dass man aus der Geschichte nichts lernt, wenn Lernen und Verhaltensänderung eine Einheit bilden sollten. Friedenszeiten sind die eines harmonischen Spiels zwischen Politik und der Bevölkerung eines Staates, wobei Bedürfnisse befriedigt werden. Die Unterschiedlichkeiten bei vielen Ländern der Euro-Zone erzeugen Disharmonien, die, wie der Euro, nicht mehr beherrschbar sein werden. 

Dabei darf  nicht vergessen werden, dass es selbst in der Bundesrepublik Deutschland ein internes Gefälle zwischen Unternehmens- und Bürgereinkommen gibt, das ebenfalls Brisanz in sich birgt, jedoch aufgrund einer politischen Schwerfälligkeit der Bundesbürger gedämpfter ist als in den Ländern der europäischen Peripherie.

Europäische Politiker und die Medien behaupten, dass wir mit den Rettungspaketen für die maroden Staaten Zeit kaufen. Das ist nicht nur eine leichtfertige Behauptung beim Umgang mit hunderten von Milliarden der Steuerzahler, es ist vielmehr eine Behauptung die nur einem Geist entspringen kann, der mindestens so krank, wie die Euro-Zone in der Krise ist. 

Die Länder wie Griechenland, Portugal und Spanien müssen massiv an ihren Strukturproblemen arbeiten. Damit haben sie noch gar nicht begonnen und wenn man begonnen hätte, würde so ein Programm ca. 10 Jahre benötigen, um Erfolge zu zeitigen.

Wir haben jedoch keine 10 Jahre, um die Krise zu beenden. Wir können auch nicht 10 Jahre Zeit kaufen. Wir können auch nicht damit rechnen, dass wir einen 10 jährigen, ununterbrochenen Wirtschaftsboom in Europa haben werden.

Wir können jedoch damit rechnen, dass die Weltwirtschaft Rückschläge erleiden wird, wir können mit dem nächsten Erdbeben, möglicherweise mit der nächsten Atomkatastrophe rechnen. Was geschieht mit der drohenden Finanzkrise in den USA? Kann China weiterhin seine wirtschaftliche Expansionspolitik auf dem Rücken seiner Bevölkerung austragen? Was passiert, wenn die chinesischen Produktionskosten explodieren und ein wirtschaftlicher Einbruch die Länder der aufstrebenden Märkte empfindlich bremst? Was passiert mit den Banken, die heute mindestens gleichberechtigt neben der Politik positioniert sind?

Das Leben in der globalisierten Welt hat niemanden unabhängiger sondern abhängiger gemacht. Politisches Handeln muss wieder überschaubar und kalkulierbar werden, falls uns zu diesem Richtungswechsel noch Zeit bleibt.

Zeit kaufen hieße, den Lauf der Zeit verlangsamen. Das funktioniert in unserer Welt nicht. Es gibt jedoch das Mittel der Erkenntnis und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dazu braucht am Mut. 

Wenn die Bereitschaft zur Korrektur fehlt, müssen sich  nationale und europäischen Politiker dem Vorwurf stellen, Generationen von Bürgern betrogen zu haben.

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