Dienstag, 27. Dezember 2011

Das Betriebssystem Europäische Union

Jedes politische System funktioniert nach Vorgaben, die normalerweise in seiner Verfassung, in Deutschland ist es das Grundgesetz, definiert sind. Änderungen sind möglich, doch müssen sie immer zum Gesamtkonzept kompatibel sein. Auch sind in Verfassungen und Grundgesetzen Leerstellen vorgesehen, die im Normalfall dazu dienen, das System auf eine lange Laufzeit anzulegen und es dem jeweiligen Zeitgeist anzugleichen.

In dieser an und für sich positiven Anlage steckt aber auch die Möglichkeit des Missbrauchs, denn vor allem Juristen mögen die Auffassung vertreten, dass all das, was nicht ausgeschlossen ist, nicht rechtswidrig sein kann.

Die Ausrichtung an den Kategorischen Imperativ Immanuel Kants kann man heute schlechtweg vergessen, denn es gibt keine moralischen Bezüge mehr und das Handeln in Hinblick auf eine allgemein gültige Gesetzgebung ist im Zeitalter der schnellen Entscheidungen, der Probeabstimmung bis zum Votum, das "passt", der Ausarbeitung an Gesetzesentwürfen unter Aushebelung des Souverains, der Ausschusspolitik unter der Umgehung des Parlaments absolut hinfällig.

Die Politik ist degeneriert bis höchstgradig korrumpiert und die Akteure wissen das, nutzen das für ihre Zwecke aus, die sich immer mehr vom Allgemeinwohl entfernen.

Die Frage, warum der Bürger das hinnimmt, ist berechtigt und relativ leicht zu beantworten. Der Informationsfluss von der Politik zum Bürger findet immer weniger statt. Es ist sogar zu beobachten, dass der Informationsfluss zum Abgeordneten teils abgebrochen, teils manipuliert ist, denn er bekommt von seiner Fraktion vielfach nur das mitgeteilt, was er zu entscheiden hat. Die Hintergründe werden ihm verborgen. Der Bürger, wie auch sein Vertreter im Parlament, ist träge und Obrigkeits orientiert. Es wird erst aktiv, wenn er die Konsequenzen verfehlter Politik real zu verspüren bekommt.

Während in Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und Frankreich die Bürger schneller auf die Strassen gehen, Generalstreiks aktiv unterstützen, sind die deutschen Bürger lethargisch und ihre Leidensfähigkeit anscheinend unbegrenzt. Damit operieren deutsche Politiker aller Parteien.  Ob sich diese Haltung in Deutschland ändern wird, ist zweifellos davon abhängig, inwiefern sich der Leidensdruck erhöht und sich dann in  einem massiven Ausbruch entlädt. Ausschließen sollte man das nicht, und deutsche Spitzenpolitiker wären gut beraten, die Divergenzen ihres Handels zum Volkswillen klein zu halten.

Das Hauptproblem des nächsten Jahres wird aber ohne Zweifel in der EU und der Euro-Gruppe zu suchen sein. Gemessen an der Funktionstüchtigkeit der EU und den Verträgen, auf die sie sich begründet, ist festzustellen, dass das politische Konstrukt Europas am Ende ist und nicht mehr durch Änderungen gerettet werden kann, zu groß sind die Fehler im Vertragswerk, zu unverbindlich die Verordnungen, zu sehr sind die Mitgliedsstaaten bereit, das Recht zu beugen, zu sehr versuchen Kommission und alle anderen EU-Institutionen, alt hergebrachte, demokratische Strukturen aus zu hebeln, zu verändern und außer Kraft zu setzen.

Wären die Europäischen Verträge ein Betriebssystem, wären Abstürze an der Tagesordnung. Zu fehlerhaft ist die Programmierung und die Schnittstellen zu den internen Programmen sind entweder fehlerhaft oder nicht vorhanden.

Die Fakten lehren uns, dass wir von einem Absturz zum anderen taumeln, dass die Programmierer/Staatschefs diesen noch nicht erkannt haben und nicht vermögen, die Reset-Taste zu drücken.

Die Konsequenz ist, dass sich mittlerweile sehr viel Müll im System angesammelt hast, der nicht entsorgt wurde. Daher steuern wir gradlinig auf das Desaster zu.. Dann geht gar nichts mehr, nicht einmal die Rest-Taste wird funktionieren.
  

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